Sachverhalt:
Verfahrensbegleitung
VgV-Verfahren, Breitbandausbau „Weiße Flecken in Böbingen“
Die Gemeinde
Böbingen plant bis Ende 2024 den vollständigen Ausbau der Bereiche, die
aufgrund der durchgeführten Markterkundung nicht als ausgebaute Bereiche
ausgewiesen sind („Weiße Flecken“).
Die Bundesförderung
i.H.v. 50% der grob geschätzten Kosten ist zwischenzeitlich vorläufig
bewilligt, so dass der Ausbau nun nach rechtlichen Vorgaben geplant werden
muss. Die Co-Finanzierung des Landes in Höhe von max. 40% wird nach Auskunft
des Referenten des Innenministers von B.-W. in Kürze bewilligt (Einplanung im
Nachtrag des Landeshaushalt erfolgt).
Die Zahl der in Frage kommenden Ingenieurbüros ist aufgrund der
rechtlichen Maßgaben begrenzt. Da mit einem Ingenieurhonorar von deutlich mehr
als 214.000 Euro netto zu rechnen war, war eine Ausschreibung aufgrund der
Vergabeverordnung (VgV) dieser Planungsleistungen vor. Das
Ausschreibungsprozedere wurde aufgrund eines Beschlusses durch den Gemeinderat
von einem Büro vorbereitet, welches sich selbst an der Ausschreibung nicht
beteiligt hat (Büro Brenner aus Ellwangen). Die Kosten für die Durchführung des
VGV-Verfahrens werden zu 100% gefördert.
Das europaweite
Ausschreibungsverfahren ist zwischenzeitlich ausgewertet. Es liegt nur ein
Angebot vor. Zwei weitere Anbieter nahmen kurz vor dem Vergabegespräch am
08.07.2021 ihr Angebot zurück. Das Vergabegespräch des Vergabegremiums mit dem
einzigen Anbieter fand am 08.07.2021 statt. Bereits im Vorfeld wurde der einzig
verbliebene Bieter vom Büro Brenner als fachlich geeignet eingeschätzt.
Vergaberecht nach der VOB/A und VgV
Eine
Ausschreibung endet regelmäßig mit dem Zuschlag. Unter dem zivilrechtlichen
Blickwinkel ist mit dem Zuschlag der Vertrag wirksam geschlossen. Nur
ausnahmsweise darf eine Ausschreibung aufgehoben werden, wenn schwerwiegende
Gründe dafür vorliegen. Die Rechtsprechung stellt jedoch an diese Gründe sehr
strenge Anforderungen. Ein Aufhebungsgrund liegt beispielsweise vor, wenn kein
Angebot den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Dann muss der Auftraggeber
(AG) sogar regelmäßig die Ausschreibung aufheben und darf nicht nur die
Anforderungen ändern.
Unter Umständen
gibt es für den Bieter aber doch einen Anspruch auf Zuschlagserteilung. Dies
ist der Fall, wenn der Vergabewille des AG unverändert fortbesteht und die
Erteilung des Zuschlags durch die Vergabestelle an einen Bieter die einzige
rechtmäßige Entscheidung ist. Denkbar ist hier eine Fallgestaltung, dass
entweder die Aufhebung nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren
(Scheinaufhebung) oder der Auftraggeber für die Aufhebung keinen sachlich
gerechtfertigten Grund angibt.
Zwar fehlt der
Aufhebungsgrund „kein wirtschaftliches Ergebnis“ in § 17 VOB/A. Diese Fälle
lassen sich jedoch unter den Aufhebungsgrund der „anderen schwerwiegenden
Gründe“ fassen.
Die Abgabe von
Angeboten mit ausschließlich unangemessen hohen Preisen kann eine Aufhebung
nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 begründen. Allerdings sollte eine
Vergabestelle den Bewerbern/Bietern – sofern zulässig – die Möglichkeit zur
Korrektur ihrer mangelhaften Angebote geben, indem sie ihnen bspw. die
Möglichkeit zum Nachreichen fehlender Unterlagen gibt oder das Verfahren (nach
einer Anpassung der Unterlagen) zunächst zurückversetzt statt es direkt
aufzuheben. Die Bedingungen für die ausgeschriebenen Leistungen dürfen dabei
nicht nachträglich verändert werden, so dass ihnen (dann) eines der
eingereichten Angebote entspricht.
Weist allerdings
(mindestens) ein einziges Angebot keine formellen und materiellen Mängel auf
und verstößt es auch ansonsten nicht gegen die Ausschreibungsbedingungen, liegt
der Aufhebungsgrund des § 17 Abs. 1 Nr. 1 nicht vor. Dann
muss dieses Angebot – wenn der Auftraggeber nicht ohne Aufhebungsgrund das
Vergabeverfahren aufheben will – den Zuschlag erhalten, auch wenn sein Preis
höher ist als die Preise der fehlerhaften Angebote. Für diesen Fall ist aber
möglicherweise eine Aufhebung aus wirtschaftlichen Gründen nach § 17 Abs. 1
Nr. 3 denkbar, da der Vergabestelle keinerlei Vergleichsangebote zur
Verfügung stehen.
Honorar
Für die
Honorarberechnung wurde nicht die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
(HOAI) zugrunde gelegt. Grund dafür ist, dass der Breitbandausbau in der HOAI
nicht extra integriert ist. Das Gesamthonorar wurde nach Positionen 1 – 12
aufgegliedert.
Das Honorarangebot
des einzigen Bieters übersteigt die Honorarschätzung auf Basis der HOAI
erheblich. Das Ing. Büro LK&P hat die Honorarkosten incl. „Besonderer
Leistungen“ gem. HOAI pauschal auf 800.000 Euro netto geschätzt.
Das Vergabegremium
hat den einzigen Bieter am 08.07.2021 aufgefordert, bis spätestens 13.07.2021,
12.00 Uhr ein finales und insbesondere wirtschaftliches Angebot einzureichen.
Insbesondere der Berater des Vergabegremiums, Herr Kreisrechnungsprüfer
Johannes Frabschka hatte die Vertreter des einzigen Bieters ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass das eingereichte Angebot nicht wirtschaftlich ist.
Der einzige Bieter
hat im Rahmen des VgV-Verfahrens bis zum 13.07.2021 ein finales Angebot
eingereicht. Dieses ist weiterhin deutlich überhöht angesetzt und somit in
keinster Weise wirtschaftlich.
Die Bewerber und
Bieter sind im Falle der Aufhebung der Ausschreibung unter Angabe der Gründe,
gegebenenfalls über die Absicht, ein neues Vergabeverfahren einzuleiten,
unverzüglich in Textform zu unterrichten.
Beschlussvorschlag: